In dankbarer Erinnerung an

Egon Rieble 1925 - 2016

 

 

 

Egon Rieble, der Autor zahlreicher Bücher über Engel und Heilige

und Initiator der Göllsdorfer Saukirbe ist am 6. Juli 2016 im Alter von 91 Jahren

im Rottweiler Spital verstorben. Er war ein großer Kenner und mitreißender Vermittler sakraler Kunst, ein Dichter feiner geschliffener Verse und mit seiner charmanten Kauzigkeit, seiner Herzlichkeit und seinem scheinbar nie versiegenden Schwung eine ganz

unverwechselbare Persönlichkeit.

 

Für ihn war Kunst ein Lebenselixier. Der Umgang mit Gemälden, Skulpturen und Versen schien ihn geistig rege und auch körperlich rüstig zu halten, bis weit über seinen

90. Geburtstag hinaus, den er verbunden mit zahlreichen Würdigungen im Mai 2015 feiern konnte. Noch im Oktober 2015 organsierte er eine Ausstellung mitRiabagoaschderkunst,

ein weiteres Beispiel dafür wie großartig Egon Rieble es verstand, Kunst und die

Alltagswelt der Menschen zusammen zu bringen.

 

Dass ihn die Künste so tief ergriffen hatten, hat viel mit der Erfahrung von Krieg und Nachkrieg zu tun. Schon früh für die Fliegerei begeistert, ging er, die Nazi-Ideologie jugendlich ausblendend als 17 Jähriger zur Luftwaffe, wurde Flugzeugführer und Jagdflieger.  Das hat ihn geprägt: Er hat es selbst erlebt, ist um Haaresbreite bei einem Abschuss davongekommen. Anderseits das Faszinosum Fliegen, pure Freiheit, Abstand, Unabhängigkeit. Riebles ganzes Schaffen lässt sich aus der Spannung dieser Pole,

existenzieller Ernst und fliegerischer Lebensschwung, verstehen.

Auf der einen Seite in jeder Silbe präzise ziselierte Gedichte, die wie im Lyrikband

„Chiffren“ (2008), elementare Lebensfragen spiegeln. Auf der anderen Seite beredte,

oft humorvoll sinnenfreudige Texte, die wenn sie nicht an sich schon vom Fliegen erzählen, oft inspiriert scheinen von der Lust wie der Pilot eine andere Perspektive einzunehmen.

 

Zum Beispiel beim Blick auf eine spätmittelalterliche Tafelmalerei aus dem Dominikanermuseum, die das Titelbild eines seiner Bücher ziert. Dort zogen Riebles Aufmerksamkeit nicht Joachim und der Schäfer auf sich, dem ersterer sein Leid klagt im hohen Alter noch kinderlos zu sein. Rieble sah den Engel darüber. Er erkannte Kleid und Haarschopf: Da kommt einer pfeilschnell, da hat es einer verflixt eilig

Joachim kundzutun, dass er der Vater Mariens wird.

 

Die meisten Kunsthistoriker würden die Machart analysieren.

Rieble hingegen ließ sich auf das Entdecken ein, denn er hatte die Freiheit des Fliegers

als geistige Haltung verinnerlicht. Das Kunstwerk betrachtete er radikal mit den Augen derer, für die es geschaffen wurde. Und gab dem Staunen auch mit deren Worten Ausdruck:

„Guck au dr Gabriel“. 

 

Dieses Genre hat er in seinen fast 20 Büchern perfektioniert: Entdeckungen die einen unverstellten, heiter lehrreichen Blick eröffnen. Und das auch sprachlich stimmig:

Denn Rieble fasste seine Beobachtungen in Verse, wahlweise mundartlich und hochsprachlich, auf beide Register und Tonlagen verstand er sich gleichermaßen.

 

Hinzu kamen fundierte Erläuterungen, schließlich hatte er in Tübingen Germanistik, Philosophie sowie alte und moderne Kunstgeschichte studiert.

Sogar an einer Doktorarbeit hat er gefeilt,

über die Stilistik der drei Fassungen von Hölderlins „Der Tod des Empedokles“.

Damals in den Fünfzigerjahren strebte Rieble, bekannt unter anderem mit Walter Jens

und befreundet mit Thaddäus Troll eine akademische Karriere an. 

Doch es kam anders, nicht zuletzt weil der Doktorvater verstarb.

 

Seine wahre Berufung fand Egon Rieble schließlich als Kulturbeauftragter des Landkreises.

Hier war er ein Glücksfall, verband Kompetenz mit Begeisterungsfähigkeit und Tatkraft.

Bei der Sicherung von Kulturgütern und bei der Sensibilisierung für diese Werte hat er,

wie auch als Anreger des lokalen Brauchtums bei der Göllsdorfer Saukirbe,

zweifellos Pionierarbeit geleistet.

 

Die Idee mit Rübengeister auf einem Stecken kam Rieble 1956.

Es bedurfte allerdings wochenlanger Überzeugungsarbeit um den Gemeinderat dafür zu gewinnen, dass ein Rübengeisterumzug besser zur Kirbe passt als ein Laternenumzug wie an St. Martin und dass es tatsächlich machbar ist, eine ausgehölte Rübe auf einem Stecken zu befestigen. In jenen Wochen harten Ringens enstand gleichsam als geistiger Befreiungsschlag das Riabagoaschderliad. 

Der letzte Vers ist eine Anspielung auf den damaligen Gemeinderat. 

Auch der Text des 1979 veröffentlichten Saukirbemarsches stammt aus der Feder von

Egon Rieble. Ohne Rieble´s Zutun und der erwähnten hartnäckigen Überzeugungsarbeit wäre die Göllsdorfer Saukirbe heute nicht das, was dieses Heimatfest so einzigartig macht.

 

Einen Ertrag seines Wirkens, den prachtvollen Band „Sehen und Entdecken im Kreis Rottweil", von 1980 nimmt man auch heute noch mit Gewinn zur Hand. Die Verbindung von kunstbeseeltem Enthusiasmus und Fleiß hat ihn lange vital gehalten. Lange machte er regelmäßige Atelierbesuche und bis vor einigen Monaten leitete er den VHS Literaturtreff. Dass seine Kräfte schwanden, hat er mit einer auch christlichen geprägten Würde getragen. Im Spital freute er sich über Besuch, er machte aber auch keinen Hehl daraus wie sehr es ihm fehlte keine Pläne mehr schmieden, sich nicht mehr für die Kunst, sein Lebenselixier, begeistern zu können.

 

Danke Egon!

Die Göllsdorfer Saukirbe wird für immer mit dir verbunden sein!

 

 

Schwarzwälder Bote vom 08.07.2016

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